Der Taktstock hat ausgedient
Südkurier, 19.12.2011

Montags bei Trautmann:

Der Stadtmusikdirektor Siegfried Worch erklärt, warum er nach dem Konzert am Samstagabend die Leitung des Städtischen Blasorchesters abgegeben hat

Herr Worch, 17 Jahre lang haben Sie das Städtische Blasorchester Singen mit einer Unterbrechung von drei Jahren geleitet. Sie haben das Orchester zu einem anspruchsvollen Laienensemble aufgebaut. Warum legen Sie jetzt den Taktstock nieder?

Das hat ganz allein private Gründe. Ich fühle mich gesundheitlich angeschlagen und muss einfach etwas kürzer treten. Ich habe in meinem Umfeld genug Beispiele dafür, was passieren kann, wenn man seine Grenzen nicht beachtet. Ich wollte nicht bis zum Crash abwarten.

Heißt das, dass Sie auch Ihr Engagement in der Jugendmusikschule zurückschrauben?

Nein, mein Beruf ist mir sehr wichtig. Aber die Leitung des Blasorchesters ist ja eine Nebentätigkeit. Wenn ich also etwas zurückschrauben will, dann kann ich es nur dort tun.

1997 haben Sie den Taktstock schon einmal niedergelegt, um ihn dann 2000 wieder hervorzuholen. Damals gab es Spannungen. Ist die Situation jetzt vergleichbar?

Nein, damals habe ich gekündigt, weil es innere Spannungen zwischen mir und der Vorstandschaft gab. Ich war ein junger, ehrgeiziger Dirigent. Wir waren uns uneinig über die weitere Entwicklung des Orchesters. Ich hatte andere Ziele und da gab es eben Reibungspunkte, auch inhaltlich. Heute würde ich das diplomatischer machen. Aber das steht hier jetzt nicht zur Debatte. Diesmal gibt es einen großen Konsens mit dem Vorstand. Mir geht es um meine Gesundheit.

Aber das Orchester ist damit jetzt kopflos. Oder ist schon bekann, wer die Leitung übernehmen soll?

Die Stelle ist ausgeschrieben.

Sie haben gesagt, dass Sie sich mehr auf Ihren Beruf als Lehrer an der Jugendmusikschule konzentrieren wollen. Sie sind ja auch seit 1993 stellvertretender Schulleiter. Im kommenden Jahr wird der Leiter Alain Ohl in den Ruhestand gehen. Wollen Sie sich dann als Leiter bewerben?

Da kann ich mit einem ganz klaren ‚Nein‘ antworten. Ich fühle mich sehr wohl in der Rolle des Lehrers. Gleichzeitig kann ich als Stellvertreter mitgestalten. Diese Mischung gefällt mir. Und daran möchte ich auch nichts ändern.

Wie ertragen Sie nach all den Jahren die schrägen Töne der Anfänger? Geht Ihnen das manchmal auf die Nerven?

Nein, ganz im Gegenteil. Jeder Schüler ist anders. Das finde ich faszinierend. Ich muss mich in die jungen Leute hineinversetzen und herausfinden, wo die Probleme liegen. Ob sie technischer Natur sind oder anatomische Ursachen haben. Ich muss also ein Gespür für die individuellen Schwierigkeiten entwickeln, um Abhilfe zu schaffen. Ich finde es faszinierend, wenn ich einen Schüler vom ersten Ton bis zum Erfolg begleiten kann. Es ist auch ein Erfolg, wenn man erkennt, dass es vielleicht nicht das richtige Instrument ist.

Wann haben Sie die Freude am Unterrichten bei sich entdeckt?

Da war ich 20. Ich musste ja etwas zur Finanzierung meines Studiums beisteuern. Und so hatte ich nach bestandener Methodikprüfung begonnen, Schüler im Fach Klarinette und Saxophon zu unterrichten. Bis dahin war für mich klar: Ich werde Klarinettist. Doch dann merkte ich, wie viel Freude mir das Unterrichten machte. Und so beschloss ich Musiklehrer zu werden. Mit 21 hatte ich mein Musiklehrerdiplom.

Was fasziniert Sie so am Unterrichten?

Dass ich ein Talent bahnen und formen kann. Der stetige Neubeginn gefällt mir. Die unterschiedlichen Charaktere. Und natürlich die Erfolge. Das müssen nicht immer Wettbewerbssiege bei Jugend musiziert sein. Das kann auch ein kleines Vorspiel sein oder dass ein Schüler in einem Orchester spielt.

Schüler der Jugendmusikschule spielen ja auch im Städtischen Blasorchester. Sie ziehen sich also Ihren eigenen Nachwuchs ran.

So kann man das sagen. Die Jugendmusikschule ist eine wichtige Nachwuchsquelle.

Haben die jungen Leute denn seit der Einführung von G8 überhaupt noch Zeit für die Jugendmusikschule oder müssen Sie sich langsam Ihre Kundschaft bei den Erwachsenen suchen?

Anfangs haben wir eine gewisse Zurückhaltung gespürt. Aber die Schülerzahlen sind konstant geblieben. Die Gymnasiasten haben ja auch viele Leerstunden. Die nutzen sie jetzt für den Musikunterricht. Das erfordert von uns Lehrern eine hohe Flexibilität. Wir spüren aber, dass die Schüler wegen der hohen Belastung in den Gymnasien weniger Zeit zum Üben haben. Das schlägt sich in der Qualität nieder.

Die Qualität, die auch das Blasorchester braucht. Sie haben da ja den Anspruch in den vergangenen elf Jahren ziemlich hochgeschraubt.

Das Orchester hat sich für ein Amateurorchester sehr stark entwickelt. Als ich es zum zweiten Mal übernahm, war nur noch ein kleiner Kern mit 18 Musikern übrig geblieben. Wir haben den Wandel hin zum Konzertorchester mit anspruchsvollen Stücken geschafft. Die Musiker sind sehr ambitioniert und bilden sich zum Teil in ihrer Freizeit fort. Sie sind bereit, schwere Literatur einzustudieren. Der Vorstand war immer offen für neue Vorschläge. Und so hatten wir seit der Landesgartenschau eine sehr erfolgreiche Zeit.

Man sagt ja immer: Wenn es am schönsten ist, soll man aufhören. Was machen Sie mit Ihrer gewonnenen Freizeit?

Die bleibt frei. Ich freue mich darauf, mehr Zeit mit meiner Familie verbringen zu können beim Wandern und Kajaken auf dem Bodensee.

 

Zum Abschied eine Uraufführung
Südkurier, 21.12.2011

Wenn es Abschied nehmen heißt, braucht es ein Abschiedsgeschenk: Orchesterleiter Siegfried Worch hatte seinen Musikern eine besondere Überraschung eingefädelt: Für seinen letzten Auftritt als Dirigent des Blasorchesters der Stadt Singen (BOS) hat er eine Uraufführung arrangiert. Erstmals erklang Philip Starkes „Trombone Concerto“ mit Cello. Als Solist begeisterte Christoph Theinert. Auch im Weiteren entwickelte sich das Festkonzert zum Sparke-Festival – insgesamt drei Kompositionen des Worch-Freundes wurden gespielt. Nicht nur vom großen Blasorchester, sondern in einem Fall auch vom sinfonischen Blasorchester der Jugendmusikschule (SBO).

Nachwuchs begeistert Bereits der Nachwuchs unter Leitung von Martina Bennett überzeugte mit vollem Körpereinsatz und lies nach dem Auftakt mit der Filmmusik aus „Pearl Harbour“ – einem Werk des erfolgreichen Hollywoodkomponisten Hans Zimmer – bei Michael Sweeneys „Earthdance“ mit Pusten und Schnipsen, Klatschen und Schenkelklopfen ein musikalisches Wettererlebnis durch die Stadthalle ziehen. Und als Zugabe hatte die Perkussionsabteilung mit Lukas Bohmacher, Fabian Huber und Moritz Disse mit weihnachtlichen Hausgeräten vor der Pause für eine Überraschung gesorgt.

Zu begeistern wusste auch Elisabeth Wenger, die den Solopart im „Concertino Classico“ übernahm, der Sparke Komposition des Nachwuchsorchesters – und so an diesem Abend ein Doppelkonzert an der Querflöte gab. Nach der Pause spielte die Flötistin kurzerhand im Blasorchester weiter.

Worch eröffnete den zweiten Teil des festlichen Konzertes mit einer Komposition von Richard Strauss, der „Wiener Festmusik“, bevor der Klangkörper mit Bosgras „Marche Heroique“ seine Klangfülle imposant ausbreitete und einen innovativen Konzertmarsch intonierte. Zum Abschied hat Worch noch einmal alle Register gezogen.

Worch wird Ehrendidrigent Zum Höhepunkt des Konzertabends wurde die angekündigte Uraufführung des „Trombone Concerto“ mit Solo-Cellist Theinert. Die beschwingte Melancholie des Cellos und die heitere Spielfreude des Blasorchesters unter der intensiven Leitung des Dirigenten gipfelte in einem temperamentvollen letzten Satz voller Leben und Samba-Rhythmen.

Auch die Musiker hatten ein Abschiedgeschenk für ihren Dirigenten: Präsident Hartmut Rackow und der BOS-Vorsitzende Markus Schönle ernannten Worch zum Ehrendirigenten. „Er hat sich immer für die Sache eingesetzt, zum Wohle des Vereins und zum Vergnügen der Zuhörer“, dankten die beiden dem Dirigenten, der das Orchester aus schwierigen Zeiten zu neuen Höhen geführt hatte. Und während draußen leise der Schnee rieselte, verabschiedete sich das Orchester mit Weihnachtsliedern als Zugabe vom Publikum.

 

Konzertreise in den Norden
Südkurier, 25.06.2011

Das Blasorchester der Stadt Singen (BOS) knüpfte bei seiner Konzertreise vom 2. bis 5. Juni in den hohen Norden Deutschlands an alte Bande an. Die erste der musikalischen Stationen war das Städtchen Uelzen, wo Christoph Strieder die Kreismusikschule leitet. Strieder war früher an der Jugendmusikschule in Singen tätig und von 1985 bis 1993 auch Vorsitzender des BOS. Im Uelzener Rathaussaal fand das erste der beiden Konzerte dieser Reise statt, was tags darauf bereits ein großes Echo in der lokalen Presse fand. Zuvor empfing Christoph Strieder die Gäste an „seiner“ Musikschule und führte sie durch den Ort und zur nahegelegenen beeindruckenden Schleuse am Elbe-Seitenkanal.

Die zweite Verbindung zur Region kam durch Bernhard Volk zustande. Er war einst Klarinettenschüler bei Siegfried Worch an der Singener Jugendmusikschule. Heute ist er musikalischer Leiter am Operettenhaus in Hamburg. Dort läuft das Musical „Sister Act“ und Volk selbst dirigierte das Orchester bei der Aufführung, die von einigen der Singener Reisegruppe besucht wurde. Anschließend führte er diese in einer exklusiven Backstage Tour hinter die Kulissen und gewährte einen hochinteressanten Einblick in den Theaterbetrieb.

Bernhard Volk ist aber auch Leiter des Symphonischen Blasorchesters Norderstedt. Dort findet in diesem Jahr die Landesgartenschau des Landes Schleswig-Holstein statt. Da lag es nahe, dass das BOS dort sein zweites Konzert gab. Dies war auch die Gelegenheit, mit den heimischen Musikerkollegen ins Gespräch zu kommen. Dabei kam zutage, dass unter den aktiven Musikern des Norderstedter Orchesters ein weiterer ehemaliger Schüler des Singener Dirigenten Siegfried Worch zu finden ist.

Außerhalb des musikalischen Programms stand die Erkundung der Hansestadt Hamburg im Mittelpunkt. Bei einer Hafenrundfahrt, einer Stadtführung und einem Reeperbahn-Bummel unter kundiger Führung gab es reichlich Gelegenheit, alle Facetten dieser pulsierenden Metropole kennenzulernen. Mit Besuchen weiterer Musicals und Ausklang in stimmungsvollen Kneipen wurde die restliche Freizeit bis zur Rückkehr nach Singen genutzt.

Presse Vereinsjahr 2011

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